Leserbrief der BI gegen Sehnde-Ost: Appell zum Abstimmungsverhalten am Donnerstag

Die Bürgerinitiative gegen die Ansiedlung des Logistikunternehmens Delticom im Gewerbegebiet Sehnde-Ost vertritt rund 1400 Sehnder, was etwa 8,6 Prozent entspricht. Sie hat jetzt vor der abschließenden Rats-Beratung des Projektes einen offenen Brief an alle Politiker des Stadtrates Sehnde geschrieben. Sie appelliert darin an die Verantwortlichen, den Bebauungsplan abzulehnen.

>> Sehr geehrte Damen und Herren des Rates der Stadt Sehnde,

Leserbrief zum Gewerbegebiet Sehnde-Ost – Foto: JPH

wir wenden uns heute [Montag, 21.06.2021 – Red.] mit einem offenen Brief erneut an Sie. Eine Kopie davon wird der Presse zugehen und auch im Bog der Petitionsseite veröffentlicht werden.

Am kommenden Donnerstag sollen Sie im Rahmen der Ratssitzung  einen folgenschwerenBeschluss zum Bebauungsplan Nr. 355 bzgl. des Gewerbegebietes Sehnde-Ost fassen. Wir appellieren wiederholt an Sie, diesen Bebauungsplan in seiner jetzigen Form abzulehnen.

Selbst der FA4 hat in seiner Sitzung vom 1. Juni gegendiesen Bebauungsplan gestimmt. Trotzdem gibt es große Sorge in der Bevölkerung, dass die Mehrheit von Ihnen an dem Bebauungsplan festhalten wird. Wenn das geschieht, steht dem Bau des immensen Logistikkomplexes der Engler Gruppe nichts mehr im Wege.

Dieser Logistikkomplex wird Sehnde für immer prägen und den vielfach diskutierten, überwiegend negativen Folgen aussetzen. Er ist rückwärtsgewandt und basiert auf einer Notlösung des Investors. Herr Engler gab uns gegenüber persönlich zu, dass ihm eine Fläche, näher an der Autobahn gelegen, lieber wäre, er aber mangels Alternative zugegriffen hätte, als man ihm diese deutlich schlechtere Fläche für seinen künftigen Mieter Delticom und andere Logistiker angeboten hat.

In vielen Nachbargemeinden – wie Altwarmbüchen und Uetzte, um nur zwei zu nennen –  sind die Verwaltung und die Wirtschaftsförderung selbst Impulsgeber für die Entwicklung von neuen Gewerbeflächen. Sie geben das Konzept vor und suchen die Käufer aus. Wir wünschten, das wäre auch in Sehnde möglich.  Warum veräußert man hier ein riesiges Areal an die HRG, ohne entsprechende Vorgaben zu machen? Sie haben noch immer die Planungshoheit und können Einfluss nehmen. Nutzen Sie diese Möglichkeit, für die Entwicklung eines nachhaltigen Konzeptes, das auch nachfolgenden Generationen gerecht werden kann.

Viele der Verantwortlichen in Sehnde scheinen es vorzuziehen, auswärtige Investoren über das Schicksal von Sehnde entscheiden zu lassen. Die finanziellen Mittel von Investoren sind wichtig – außer Frage. Doch zum Thema Logistik scheint es nie eine Alternative gegeben zu haben. Dieser, sich über viele Jahre erstreckende Prozess, so erscheint es dem Beobachter, muss irgendwann aus dem Ruder gelaufen sein.

Und jetzt, kurz vor Schluss, scheinen einige der Verantwortlichen die kritischen Stimmen gehört zu haben, bewerten die Ausgangslage neu und hinterfragen die bisherigen Pläne. Wir finden das anerkennenswert, denn es erfordert Mut, eine einmal getroffene Entscheidung zu revidieren. Aber wie zu erwarten, findet das nicht das Wohlwollen aller politisch Verantwortlichen. Ganz offen werden Gremiumsmitglieder dafür gerügt, dass sie auf offene Kommunikation bestehen und sich auf Grund neuester Erkenntnisse gegen dieses Konzept aussprechen. Wir beobachten das mit Fassungslosigkeit und Sorge. Denn wir verstehen Politik als Verantwortung für Entscheidungen für viele Jahrzehnte im Voraus.

Diejenigen unter Ihnen, die an dem bisherigen Konzept festhalten, möchten wir auf das neue Klimaschutzgesetz der Bundesrepublik Deutschland hinweisen. Nachdem am 29. April 2021 das Bundesverfassungsgericht das Klimaschutzgesetz der Bundesregierung als in Teilen verfassungswidrig erklärt hat, wurde nur 13 Tage danach ein geändertes Klimaschutzgesetz auf den Weg gebracht. Bundespolitiker sämtlicher Parteien begrüßten das Urteil.

Einige der Sehnder Fraktionen haben  sich bisher an dem Logistikkonzept festhaltend gezeigt. Setzt man das ins Verhältnis zu den entsprechenden Bundes-Parteien, ist das überraschend. Insbesondere im Wahljahr 2021 wird damit teils ein Signal gesetzt, das von den Bundesparteien nicht weiter entfernt sein könnte. In Sehnde scheinen viele der politisch Verantwortlichen die Zukunft in noch mehr Schwerlastverkehr zu stehen. Unverständlich. Und auch die so oft zitierten „dringend benötigten Gewerbesteuereinnahmen der Fa. Delticom“ können das nicht rechtfertigen.

Im krassen Gegensatz zum Klimaurteil und den Stimmen aus der Bundespolitik zu diesem Urteil steht hier in Sehnde eine Entscheidung an, die langfristig zu unnötig mehr Verkehr und damit zu mehr klimaschädlichen Emissionen führen wird – was durch einen anderen Standort ganz einfach vermieden werden könnte. Effektiv, nachhaltig und generationengerecht ist das nicht.

Es grüßt Sie herzlichst,  das Petitions-Team mit

Linda Delkeskamp
Inga Jäger
Monika Erichsen
Annika Schönaich<<

Die Redaktion weist darauf hin, dass der Inhalt der Leserbriefe die Ansicht der Einsender wiedergibt, die mit der Meinung der Redaktion nicht unbedingt übereinstimmt. Kürzungen behält sich die Redaktion vor.

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