Allgemeinverfügung in lesbarer Sprache – wer darf was und wie?

Soziale Kontakte beschränken, so ist die grundsätzliche Vorgabe der Allgemeinverfügung vom Sonntag, 22.03.2020, anlässlich der Corona-Pandemie. Damit sollen die möglichen Infektionsketten unterbrochen werden oder gar nicht erst entsehen. Dazu trägt jederBürger bei, indem er die Vorgaben dtrikt beachtet.

Verbreitung verlangsamen und hinauszögern

Die rasante Verbreitung des Coronavirus (SARS-COV-2) in den vergangenen Tagen in Deutschland ist besorgniserregend. Wir müssen alles dafür tun, um einen unkontrollierten Anstieg der Fallzahlen zu verhindern und unser Gesundheitssystem leistungsfähig zu halten. Nur so werden wir in der Lage sein, diejenigen, die sich mit dem Coronavirus infiziert haben und medizinischer Betreuung bedürfen, gut zu versorgen. Vor allem müssen wir die Menschen in unserem Land schützen, die ein besonderes Risiko für schwere Krankheitsverläufe haben.

Neue Allgemeinverfügung der Region Hannover zur Pflegeeinrichtungen – Foto: JPH

Ziel muss es sein, die Infektionskurve zu verlangsamen, damit auch bei hohen Krankheitsfällen stets genügend Intensivplätze zur Verfügung stehen und die gesundheitliche Versorgung weiterhin gesichert bleibt. Die Vermeidung sozialer Kontakte wird die Übertragungsgeschwindigkeit des neuartigen Coronavirus SARS­ CoV-2 verringern und ist daher wirkungsvoller als eine pauschale Ausgangssperre.

Denn nicht das Verlassen der Wohnungen ist die Gefahr. Die Gefahr ist der häufige unmittelbare soziale Kontakt, der dem Virus eine unkontrollierte Verbreitung ermöglicht. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Kontakt im öffentlichen Raum oder im häuslichen Umfeld stattfindet. Wissenschaftliche Erkenntnisse belegen: es ist wichtig, auch in dieser Zeit Bewegung im Freien an der frischen Luft zu ermöglichen. Aus medizinischer Sicht ist daher diese Bewegung sogar zu empfehlen.

Bewegungen einschränken hilft

Deshalb kommt es jetzt darauf an, nicht die individuelle Bewegungsfreiheit einzuschränken. Geboten ist es vielmehr, Kontakte zu verhindern. Vor diesem Hintergrund erlässt das Niedersächsische Ministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung auf der Grundlage des Infektionsschutzgesetzes (lfSG)  dem Gebiet des Landes Niedersachsen die folgende Allgemeinverfügung.

  1. Kontakte zu anderen Menschen außerhalb der Angehörigen des eigenen Haus standes sind auf ein absolut nötiges Minimum zu reduzieren.
  2. Kontakte außerhalb der Wohnung sind nur erlaubt, wenn dabei folgende Bedingungen zwingend eingehalten werden:
    a.) ln der Öffentlichkeit ist  – wo immer möglich – ein Mindestabstand von 1,5 Metern zu anderen Personen einzuhalten. Das gilt auch für die körperliche oder sportliche Betätigung im Freien, nicht jedoch für Personen, die in einer gemeinsamen Wohnung wohnen. Öffentliche Verhaltensweisen, die das Abstandsgebot von Mensch zu Mensch gefährden, beispielweise in Gruppenbildung, beim Picknicken und Grillen, sind untersagt.
    b) Der Aufenthalt im öffentlichen Raum ist Einzelpersonen Zusammenkünfte und Ansammlungen im öffentlichen Raum sind auf höchstens zwei Personen beschränkt. Ausgenommen von dieser Beschränkung sind Angehörige und Personen, die in einer gemeinsamen Wohnung leben.
  3. Notwendige Tätigkeiten und Verrichtungen sind weiterhin zulässig, hierbei handelt es sich um:
    a) die körperliche und sportliche Betätigung im Freien,
    b) die Ausübung beruflicher Tätigkeiten, einschließlich der Jahreszeit bedingt erforderlichen Bewirtschaftung landwirtschaftlicher Flächen,
    c) die Inanspruchnahme ambulanter oder stationärer medizinischer und veterinärmedizinischer Versorgungsleistungen, also ein Arztbesuch, medizinische Behandlungen und Blutspenden sind ausdrücklich erlaubt, sowie der Besuch bei Angehörigen medizinischer Fachberufe Berufe, soweit dies medizinisch dringend erforderlich ist, also bei Psycho- und Physiotherapeuten,
    d) der Besuch von anderen Einrichtungen des Gesundheitswesens, soweit der Besuch nicht gesondert eingeschränkt ist sowie von Apotheken, Sanitätshäusern, Optikern, Hörgeräteakustikern, Drogerien,
    e) die Versorgung mit Lebensmitteln, Gütern und Dienstleistungen des täglichen Bedarfs in den folgenden Betrieben und Einrichtungen:
  • Lebensmittelhandel,
  • Wochenmärkte,
  • Getränkemärkte,
  • Abhol- und Lieferdienste,
  • Großhandel,
  • Tierbedarfshandel,
  • Brief- und Versandhandel,
  • Post,
  • Banken, Sparkassen und Geldautomaten,
  • Tankstellen,
  • Kfz- oder Fahrrad- Werkstätten,
  • Reinigungen,
  • Zeitungsverkauf,
  • Waschsalonsf) der Besuch bei Lebenspartnern, Alten, Kranken oder Menschen mit Einschränkungen (außerhalb von Einrichtungen) und die Wahrnehmung des Sorgerechts im jeweiligen privaten Bereich,
    g) die Betreuung von hilfebedürftigen Personen und Minderjährigen, auch zur Versorgung mit Lebensmitteln, Gütern und Dienstleistungen des täglichen Bedarfs im Sinne des Buchstaben e), soweit diese nicht gesondert eingeschränkt sind,
    h) die Begleitung Sterbender sowie die Teilnahme an Beerdigungen, jedoch nur im engsten Familienkreis,
    i) die Wahrnehmung einer seelsorgerischen Betreuung durch einzelne Geistliche,
    j) die Begleitung und Abholung von Kindern im Rahmen einer Notbetreuung von Schulen, Kindertageseinrichtungen oder anderen Betreuungseinrichtungen, soweit der Besuch dieser Einrichtungen nicht gesondert eingeschränkt ist,
    k) der Besuch von Behörden, Gerichten, anderen Hoheitsträgern sowie von anderen Stellen oder Einrichtungen, die öffentlich-rechtliche Aufgaben wahrnehmen,
    I) die Wahrnehmung der Aufgaben oder des Dienstes als Mitglied des Niedersächsischen Landtags oder der Landesregierung, als Mitglied des Staatsgerichtshofs, als Mitglied eines Verfassungsorgans des Bundes oder anderer Länder, als Mitglied kommunaler Gremien, als Beamter oder Richter, als Mitglied des diplomatischen oder konsularischen Corps sowie die Wahrnehmung von Aufgaben im Öffentlichen Dienst oder als Organ der Rechtspflege,
    m) die Versorgung, Betreuung oder Ausführung von selbst gehaltenen Tieren oder von Tieren, für die sonst eine Pflicht zur Versorgung besteht, soweit dies nicht gesondert eingeschränkt ist, sowie eine tierärztlich notwendige Versorgung,
    n) die Abwendung unmittelbarer Gefahren für das Leben oder die körperliche Unversehrtheit einer Person, naher Angehöriger oder des Eigentums sowie anderer vergleichbarer Notlagen, die nicht anders abgewendet werden können,
    o) wenn Anordnungen einer Behörde, eines anderen Verwaltungsträgers oder einesGerichts Folge zu leisten ist.

4. Aufenthalte außerhalb der Wohnung zum Zweck der Berichterstattung durch Vertreterinnen und Vertreter von Presse, Rundfunk, Film
oder anderer Medien sind gestattet.
5. Betreiber von Restaurationsbetrieben, die einen Außer-Haus-Verkauf anbieten, sind verpflichtet, folgende Abstandsregelungen
sicherzustellen: Mindestabstand  1,5 Metern zwischen den Kunden, lediglich eine Person auf 10 Quadratmetern.
6. Alle nicht dringend notwendigen Dienstleistungen, bei denen der Mindestabstand von 1,5 Metern von Mensch zu Mensch nicht
eingehalten werden kann, sind untersagt. Dies gilt insbesondere für:

  • Frisöre
  • Tatoostudios
  • Nagelstudios
  • Kosmetikstudios
  • Physiotherapeuten, es sei denn, eine Behandlung ist durch ärztliche Bescheinigung als unaufschiebbar erklärt.
  • Notwendige Dienstleistungen sind insbesondere
  • Optiker,
  • Hörgeräteakustiker.

7. Die Betreiber von Verkaufsstellen und Ladengeschäfte im Sinne der Ziffer 1. e) sind verpflichtet, einen  Mindestabstand von 1,5 Metern
zwischen den Kunden  sicherzustellen. Zulässig ist lediglich eine Person auf 10 Quadratmetern.
8. Auf Wochenmärkten sind nur Verkaufsstände für Lebensmittel erlaubt. Die Betreiber der Verkaufsstände sind verpflichtet, folgende
Abstandsregelungen sicherzustellen und einzuhalten: Mindestabstand von 1,5 Metern zwischen den Kunden.
9. Betreibern von Baumärkte ist die Abgabe von Waren an nichtgewerbliche Kunden (Privatkunden) untersagt. Die Kunden haben
nachzuweisen, ein entsprechendes Gewerbe auszuüben.
10. Der Umgang mit Erntehelfern, Saisonarbeitern und Werkarbeitskräften wird gesondert geregelt.
11. Die Landkreise und kreisfreien Städte können für bestimmte öffentliche Plätze in ihrem Zuständigkeitsbereich generelle
Betretungsverbote erlassen.
12. Verstöße gegen Anordnungen stellen Ordnungswidrigkeiten nach Paragraph 73 Absatz 1a Nr. 6 des Infektionsschutzgesetzes dar und
werden mit Bußgeldern bis zu 25 000 Euro geahndet.

Einhaltung wird überwacht

Die Polizei ist angehalten, die Einhaltung dieser Regelungen zu kontrollieren. Weiter gehende Anordnungen der örtlich zuständigen Behörden bleiben unberührt. Diese Allgemeinverfügung ist sofort vollziehbar. Nach Paragraph 28 Absatz 1 Satz 4 des Infektionsschutzgesetzes werden die Grundrechte auf Freiheit der Person (Artikel 2 Abatz 2 Satz 2 des Grundgesetzes), der Versammlungsfreiheit (Artikel 8 Grundgesetz) und der Unverletzlichkeit der Wohnung (Artikel 13 Absatz 1 Grundgesetz) eingeschränkt.

Die in dieser Allgemeinverfügung geregelten Beschränkungen der Sozialen Kontakte gelten ab sofort, erforderlichenfalls werden diese Regelungen im Einzelfall durch die zuständigen Behörden, durch die Polizei oder durch die Ordnungsbehörden auch vor dem lnkrafttreten der Allgemeinverfügung durch jeweilige Einzelfallregelungen umge­setzt werden.

Diese Allgemeinverfügung wird hiermit öffentlich bekannt gemacht und tritt am Tag nach ihrer Verkündung in Kraft und mit Ablauf des 18.04.2020 außer Kraft. Die Kontaktbeschränkungen enden damit am 18.04.2020, 24.00 Uhr. Eine Verlängerung bleibt vorbehalten.

Begründung

Das neuartige Coronavirus SARS-CoV-2 stellt die gesamte Gesellschaft und das Gesundheitssystem vor enorme Herausforderungen. Es besteht weltweit, deutschland­ und niedersachsenweit eine sehr dynamische und ernstzunehmende Situation mit starker Zunahme der Fallzahlen innerhalb weniger Tage. Die Weltgesundheitsorganisation hat die Ausbreitung des Virus und der dadurch hervorgerufenen Erkrankung COVID-19 am 11. März 2020 als Pandemie eingestuft.

Die Gefährdung für die Gesundheit der Bevölkerung in Deutschland wird derzeit insgesamt als hoch eingeschätzt. COVID-19 ist sehr infektiös. Besonders ältere Menschen und solche mit vorbestehenden Grunderkrankungen sind von schweren Krankheitsverläuten betroffen und können an der Krankheit sterben. Da derzeit weder eine Impfung noch eine spezifische Therapie zur Verfügung stehen, müssen alle Maßnahmen ergriffen werden, um die weitere Ausbreitung des Virus‘ zu verzögern. Ziel ist es, durch eine Verlangsamung des Infektionsgeschehens die Belastung für das Gesundheitswesen insgesamt zu reduzieren, Belastungsspitzen zu vermeiden und die medizinische Versorgung sicherzustellen. ln Niedersachsen sind dazu bereits zahlreiche Maßnahmen eingeleitet, die aber in der Summe noch nicht ausreichen, um die Geschwindigkeit der Infektionsketten in dem erforderlichen Maß abzubremsen.

Schutzmaßnahmen nach dem Infektionsschutzgesetz

Gemäß Paragraph 28 Abs. 1 Satz 1 lfSG trifft die zuständige Behörde die notwendigen Schutzmaßnahmen,  soweit und solange es zur Verhinderung der Verbreitung übertragbarer Krankheiten erforderlich ist. Nach Paragraph 28 Absatz 1 Satz 2 Halbsatz 2 lfSG kann die zuständige Behörde Personen verpflichten, den Ort an dem sie sich befinden, nicht zu verlassen oder von ihr bestimmte Orte nicht zu betreten, . bis die notwendigen Schutzmaßnahmen durchgeführt worden sind.

Vor dem Hintergrund der äußerst dynamischen Verbreitung von Infektionen mit dem SARS- CoV-2 Virus und Erkrankungen an COVID-19 müssen unverzüglich weitere umfänglich wirksame Maßnahmen zur Verzögerung der Ausbreitungsdynamik  und zur Unterbrechung von Infektionsketten ergriffen werden. Weitreichende effektive Maßnahmen sind dazu dringend notwendig, um im Interesse der Bevölkerung und des Gesundheitsschutzes die dauerhafte Aufrechterhaltung des Gesundheitssystems in Niedersachsen sicherzustellen.

Das Ziel einer Entschleunigung und Unterbrechung der lnfektionsketten, lässt sich nur mit weiteren Maßnahmen zur Einschränkung sozialer Kontakte und damit zur Unterbrechung der Infektionsketten erreichen. Die hier geregelten weiteren Beschränkungen stellen im Kontext der übrigen Maßnahmen zur Kontaktreduzierung ein wirksames und angemessenes Vorgehen dar. Die Regelungen gewährleisten weiterhin insbesondere eine Teilnahme am beruflichen Leben, die Versorgung mit medizinischen Leistungen und eine soziale Teilhabe. Das Alltagsleben wird nur so weit eingeschränkt, wie es zur Zielerreichung nach derzeitigen fachlichen Risikoeinschätzungen erforderlich ist.

Die Beschränkungen der Sozialen Kontakte sind zur Eindämmung der Verbreitungsrisiken angesichts des angestrebten Ziels der Aufrechterhaltung der Gesundheitsversorgung für die Gesamtbevölkerung auch verhältnismäßig. Die notwendigen und differenzierten Maßnahmen zur Kontaktreduzierung in besonderen Bereichen der Gesellschaft dienen der Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit des derzeit durch das Influenza-Geschehen hoch beanspruchten Gesundheitssystems über einen absehbar längeren Zeitraum hinaus.

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