Keine Trauungen mehr auf dem Gutshof Rethmar im Regionalmuseum Sehnde?

Schon länger schwelt der Dissens zwischen dem Vorstand des Regionalmuseums Sehnde und der Stadtverwaltung Sehnde wegen des Trauzimmers im ersten Stock des Museums. Der Streit hat sich dem Vernehmen nach an zwei wesentlichen Punkten entzündet. Der erste war die Frage, wer die Trauungstermine vergibt und der zweite war, wer die Trauungen im Museum vornehmen darf. Denn an einem bestimmten Punkt der Auseinandersetzung hatte der Museumsvorstand dem trauungsberechtigten Bürgermeister der Stadt Sehnde, Olaf Kruse, in einem einstimmigen Beschluss, wie der Vorstandsvorsitzende Erhard Niemann SN bestätigte, zweimal ein Hausverbot erteilt. Dass die Stadt jedoch Vermieter der Museumsräume und rechtlicher Betreiber des „Trauzimmers“ ist, entbehrt nicht einer gewissen Problematik. Nun berät der Stadtrat am kommenden Donnerstag über eine Entwidmung des Trauzimmers und eine Kündigung des Nutzungsvertrages (Beschlussvorlage Nr. 2021/1003).

Stadt ist Hausherr, Verein Untermieter
Die Trauungen im RMS waren vielfältig und gut gebucht – Fot0: JPH/Archiv

Der Verein wird derzeit vertreten durch den Vorstand mit Erhard Niemann (Vorsitzender), Heinz-Siegfried Strelow (stellvertretender Vorsitzender) und Regina Niemann (2. stellvertretende Vorsitzende). Als Mieter der gesamten Anlage ist aber die Stadt Sehnde, vertreten durch den Bürgermeister Olaf Kruse, verantwortlich, die dem Verein die Räume als Untermieter überlassen hat. Dazu gab es im Juli 2011 einen Nutzungsvertrag zwischen beiden Parteien bezüglich der Nutzung des oberen Bereiches als Trauzimmer – mit dem Hausrecht für die Stadt während der Nutzungszeit. Mit Ratsbeschluss vom 06.07.2011 wurde daraufhin das RMS als externes Trauzimmer/Standesamt gewidmet. „Dabei“, so der Vorstandsvorsitzende Niemann, „hat die Zusammenarbeit bis 2020 immer mustergültig geklappt.“

Hausverbote durch den Vereinsvorstand änderten die Lage

Doch dann gab es die beiden Hausverbot im Mai und August 2021 und alles hat sich verändert. Zweimal sollte der Bürgermeister mit dem Verweis auf das Hausverbot das Trauzimmer nicht betreten dürfen. Vielmehr forderte der Verein, so die Stadtverwaltung, dass die Stadt Sehnde einen anderen Beamten zu den Trauungen entsende. Zudem hat der Verein zur Durchsetzung seiner Position einen Anwalt eingeschaltet. Zwei im RMS noch für dieses Jahr bereits gebuchte Trauungen wurden aufgrund der aktuellen Ereignisse seitens des Standesamtes ins Rathaus und ins Straßenbahnmuseum verlegt. Außerdem wurden drei weitere Trauungen aus dem gleichen Anlass verlegt werden.

Zusammenarbeit hapert

Weiterhin wirft die Stadtverwaltung dem Vereinsvorsitzenden vor, dass er sich mehrfach „gegenüber den Brautleuten so dargestellt habe, als sei er derjenige, der die Terminplanung für die Eheschließungen vornehme“. Dies ist seitens der Stadt nicht akzeptabel. Denn die Terminvereinbarung liegt „ausschließlich beim Standesamt“. Ähnliche Querelen betreffen zudem ein – laut Stadtverwaltung – „irreführendes“ Faltblatt des Museums, das zu Auseinandersetzungen führte, „in die auch eine weitere Mitarbeiterin der Stadtverwaltung involviert war, die vom Vorsitzenden in diesem Zusammenhang der Lüge bezichtigt und beschimpft wurde“, so die Stadtverwaltung.

Im ersten Stock, neben der Freienfahne von 1863, ist das Trauzimmer – Foto: Archiv

Daneben gibt es weitere Vorwürfe seitens der Stadt gegen die Durchführung der Trauungen, die sich gegen den Vorstandsvorsitzenden richten und nicht durch ein „vernünftiges, klärendes und regelndes Gespräch mit dauerhafter Wirkung“ beseitigen ließen. Auch bauliche Einschränkungen werden nun von der Stadt bezüglich des Trauzimmers genannt: „Nicht zuletzt ist die Räumlichkeit im oberen Stockwerk nur über eine steile Treppe erreichbar und der Trautisch steht in einer Ecke direkt am Treppenabsatz, nicht barrierefrei und durchaus unfallträchtig.“

Vertragskündigung angestrebt

Deshalb strebt die Stadtverwaltung nun eine Rücknahme der Widmung des Trauzimmers und eine Kündigung des Nutzungsvertrages an. Dafür bedarf es eines Ratsbeschlusses der am kommenden Donnerstag, 23.09.2021, in der Stadtratssitzung erfolgen soll. Danach sollte dann der bestehende Nutzungsvertrag vom 28.07.2011 bis zum 31.10.2021 gekündigt werden, um zum Jahresende wirksam zu werden.

Der Vorsitzende des RMS möchte dagegen seinen Angaben gegenüber SN von Anfang Juni zufolge die Zusammenarbeit mit dem Standesamt der Stadt allerdings fortsetzen und wirft der Stadtspitze im Gegenzug vor, das Trauzimmer im Straßenbahnmuseum Wehmingen zu bevorzugen – und verweist auf die 114 bisherigen Trauungen in seinen Räumen. Allerdings lässt die Sachverhaltsdarstellung im Beschlussentwurf der Stadtverwaltung auch einen anderen Schluss zu.

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