Marlene Bruns und die Bücher: zehn Jahre neue Bibliothek in Wahrendorff

2009 öffnete die neue Patientenbibliothek im Klinikum Wahrendorff ihre Türen. Nun feiert die Bibliothek zehnjähriges Jubiläum. Und die neuere Geschichte ist eng verbunden mit Marlene Bruns. Die Diplom-Sozialpädagogin und Buchhändlerin besichtigte 2008 erstmalig die alte Patientenbibliothek auf dem Dachboden der Ferdinand-Wahrendorff-Klinik. „Es war, als betrete ich einen zauberischen Ort“, erinnert sich Bruns. „Auf dunklen Holzregalen standen Tausende, zum großen Teil über 100 Jahre, alte Bücher wie unberührt und schienen hier die Zeit überdauert zu haben.“

Marlene Bruns an ihrem Arbeitsplatz in der Patientenbibliothek – Foto: Klinikum Wahrendorff

Nur wenige Besucher hatten sich in den letzten Jahrzehnten dorthin verirrt. So faszinierend die Büchersammlung war, so schnell wurde auch deutlich, dass diese Bibliothek den aktuellen Leseinteressen und -bedürfnissen wenig entsprach. So wurde ein Konzept entwickelt und ein zentral im Park von Ilten gelegenes Häuschen als neue Patientenbibliothek 2009 eröffnet.

„In diesen zehn Jahren hat sich die Bibliothek zu einem viel besuchten und sehr lebendigen Ort entwickelt“, freut sich die Bibliothekarin Bruns über die Entwicklung. Gut 2300 Lesende haben sich seitdem registrieren lassen. Für sie stehen um die 2500 Medien zum Entleihen bereit. Das sind zum überwiegenden Teil Bücher, darunter auch fremdsprachige Literatur. Aber auch Zeitschriften, DVDs, Hörbücher und CDs können entliehen werden. „Für eine ganze Reihe von Besucherinnen und Besuchern ist die Bibliothek nicht so sehr im funktionalen Sinne als Lektüreangebot und Buchverleih wichtig. Vor allem Heimbewohnerinnen und -bewohner nutzen die Bibliothek auch als Kontaktstelle und Treffpunkt, wo man für wenig Geld einen Kaffee oder Tee trinken und sich unterhalten kann“, erzählt Bruns.

Die Bürger aus Ilten und Umgebung haben die Bibliothek ebenfalls für sich entdeckt. Mittlerweile wird die Bibliothek auch von Gruppen für Veranstaltungen genutzt. Seit kurzem ist die Bibliothek Mitglied im Deutschen Bibliotheksverband. An den speziell für Patientenbibliotheken konzipierten Fortbildungen nimmt Bruns schon seit Jahren teil.

Planskizze Umbau Amthaus aus dem Jahr 1899 – Foto: Klinikum Wahrendorff

Patientenbibliotheken stehen in einer langen und erfolgreichen Geschichte. Im 19. Jahrhundert wurde Lesen als so wichtig angesehen, dass Zufluchtsorte und Irrenhäuser dort organisierte Patientenbibliotheken besaßen. In dieser Zeit waren Bibliotheksdienstleistungen tatsächlich ein wichtiger Teil der therapeutischen Programme für psychisch Kranke. Für Ferdinand Wahrendorff war die Bibliothek so bedeutsam, dass er ihr eine ganze Seite in seiner Haus- und Familienchronik anlässlich des 25-jährigen Bestehens des „Asyl Ilten“ widmet. Er schließt mit den Worten: „Welch‘ hoher Werth und Bedeutung einer guten Bibliothek auch für eine Irren-Anstalt innewohnt, und welche Stelle sie in der Behandlung der Kranken einnimmt, ist wohl jedem Psychiater sattsam bekannt.“ Heute stehen Patientenbibliotheken insbesondere für kulturelle Teilhabe und ein Stück Normalität in einer belasteten Lebenssituation. „Und vor allem macht Lesen Spaß“, weiß Bruns aus eigenem Erleben zu berichten.

Neben ihrer bibliothekarischen Tätigkeit ist Marlene Bruns seit geraumer Zeit mit viel Engagement damit beschäftigt, ein Archiv für das Klinikum Wahrendorff aufzubauen. Viele einzigartige und interessante Dokumente aus der 157-jährigen Geschichte des Klinikums hat sie schon zusammen tragen können. „Wir vermuten, dass sich hier in Ilten und Umgebung zum Teil noch weitere richtig alte Schätze wie Fotos, Arbeitsverträge, Briefe, Urkunden und andere Materialien auf den Dachböden der alten Häuser befinden. Da habe ich richtig Angst, dass etwas verloren geht bei Umzügen und Verkäufen. Da würde ich gerne mal mitschauen.“ Wer Bestände hat, kann sich gerne direkt in der Patientenbibliothek unter der Telefonnummer 05132/90 25 96 oder 0152/52 75 324 melden und sie anbieten.

Die Öffnungszeiten der Bibliothek sind Dienstag und Donnerstag von 15.30 bis 17.30 Uhr und Sonnabend, 14 bis 16 Uhr sowie nach Vereinbarung.

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