Hannover 96 hält keine außerordentliche Mitgliederversammlung ab

Der Vorstand vom Verein Hannover 96 hat sich ausführlich mit den Inhalten des Antrags auf Durchführung einer außerordentlichen Mitgliederversammlung von Vertretern der Interessengemeinschaft Pro Verein 1896 auseinandergesetzt. Dazu wurde der Rat mehrerer Juristen eingeholt und letztlich auf Basis eines unabhängigen Rechtsgutachtens beschlossen, keine außerordentliche Mitgliederversammlung abzuhalten. Vier Gründe werden seitens des Vereins dafür benannt und erläutert. Die 17 Abteilungsleiter des Vereins unterstützen diese Entscheidung.

Keine außerordentliche Mitgliederversammlung geplant – Foto: JPH/Archiv

Am 1. November 2018 hat die Interessengemeinschaft Pro Verein 1896 dem Vereinsvorstand von Hannover 96 insgesamt 1310 Anträge von Mitgliedern auf Einberufung einer außerordentlichen Mitgliederversammlung übergeben. Der Vorstand hat diese Anträge geprüft und festgestellt, dass das erforderliche Quorum – und somit das Minderheitenbegehren – in dieser Hinsicht erfüllt ist. Notwendig gewesen wären 5 Prozent von 22.890 Mitgliedern (Stand: 1. November 2018), also 1145 Anträge. 1271 der 1310 abgegebenen Anträge sind gültig, 94 stammen von Kindern und Jugendlichen. Der Großteil der Anträge entfällt auf die Abteilung Fußball von ihren passiven Mitgliedern (895).

Einziger begehrter Tagesordnungspunkt ist die Abwahl der drei bisherigen Aufsichtsratsmitglieder Veronika von Lintel, Michael Beck und Valentin Schmidt sowie – die Abwahl vorausgesetzt – eine Neuwahl für die vakanten Aufsichtsratsposten. Begründet wird diese Tagesordnung mit einer angeblich falschen Sachentscheidung des Aufsichtsrats am 31. Juli 2017, also einer Entscheidung, die weit mehr als ein Jahr zurückliegt.

Der Vorstand von Hannover 96 e.V. hat sich ausführlich mit den Inhalten des Antrags auf Durchführung einer außerordentlichen Mitgliederversammlung auseinandergesetzt, dazu den Rat mehrerer Juristen eingeholt und von Dr. Paul Lambertz, einem unabhängigen und renommierten Rechtsanwalt für Sport-, Vereins- und Verbandsrecht aus Köln, ein Rechtsgutachten erstellen lassen. Auf Grundlage dieser umfangreichen rechtlichen Expertise hat der Vorstand von Hannover 96 e.V. einstimmig beschlossen, keine außerordentliche Mitgliederversammlung einzuberufen. Die vom Vorstand einbezogenen 17 Abteilungsleiter von Hannover 96 e.V. unterstützen diese Entscheidung.

Das vorliegende Rechtsgutachten kommt zu dem Schluss, dass das Begehren auf Durchführung einer außerordentlichen Mitgliederversammlung „nicht statthaft ist“. Entscheidend dafür sind folgende vier Gründe:

Erstens: Die nächste ordentliche Mitgliederversammlung ist für den 23. März 2019 terminiert. Ein Tagesordnungspunkt ist dort die Neuwahl des Aufsichtsrats. Die drei Aufsichtsratsmitglieder Veronika von Lintel, Michael Beck und Valentin Schmidt, die auf der begehrten Mitgliederversammlung abberufen werden sollen, haben bereits erklärt, dass sie nicht mehr für den nächsten Aufsichtsrat kandidieren werden. Es gibt also keinen vernünftigen Grund, nicht die ordentliche Mitgliederversammlung abzuwarten, zumal der Antrag auch keine zeitliche Dringlichkeit erkennen lässt. Die fehlende Eilbedürftigkeit hat auch das Landgericht Hannover (Aktenzeichen 17T27/18) bereits mit Beschluss vom 16. Oktober 2018 festgestellt, als es einen Antrag von drei Vertretern der IG Pro Verein 1896 zurückwies, der Verein solle die persönlichen Daten aller Mitglieder herausgeben. Nach dem 23. März 2019 wird durch den neuen Aufsichtsrat ein neuer Vorstand bestimmt. Martin Kind wird als Vorstandsvorsitzender nicht mehr zur Verfügung stehen.

Kein Podium für die Ab- und Neuwahl geboten – Foto: JPH

Zweitens: Auf der Tagesordnung der beantragten außerordentlichen Mitgliederversammlung steht neben der Abwahl von drei Aufsichtsratsmitgliedern auch eine „sofortige Neuwahl“. Würde die Neuwahl – eine Abwahl vorausgesetzt – in dieser außerordentlichen Mitgliederversammlung stattfinden, wäre das ein klarer Verstoß gegen die Vereinssatzung von Hannover 96 und die Wahl nichtig. Es müsste also eine weitere, außerordentliche Mitgliederversammlung stattfinden, sollte der Aufsichtsrat nicht mehr beschlussfähig sein. Im Klartext: Hannover 96 e.V. müsste in zweieinhalb Monaten insgesamt drei Mitgliederversammlungen abhalten. Das wird für Mitglieder weder als vertretbar noch als zumutbar angesehen.

Drittens: Der Kosten- und Personalaufwand, der für den Verein bei bis zu drei Mitgliederversammlungen entstehen würde, stünde in keinem Verhältnis zum Begehren. Jede Mitgliederversammlung kostet Hannover 96 e.V. den Betrag von zirka 80 000 Euro (bei drei Versammlungen wären das also rund 240 000 Euro) und bindet einen Großteil der Vereinsangestellten über mehrere Wochen. Gleichzeitig muss die Eröffnung des Vereinssportzentrums an der Stadionbrücke intensiv vorbereitet werden.

Viertens: Nach der Vereinssatzung würden die auf einer außerordentlichen Mitgliederversammlung gewählten neuen Aufsichtsratsmitglieder ohnehin nur bis zum 23. März 2019 (Neuwahl) im Amt bleiben, also nur für rund einen Monat, weil eine zweite außerordentliche Mitgliederversammlung wegen der einzuhaltenden Ladungsfrist von mindestens vier Wochen erst im Februar 2019 stattfinden könnte. Das wäre unverhältnismäßig und läge nicht im Vereinsinteresse, weil neue Aufsichtsräte wieder aus dem Amt scheiden würden, bevor sie sich überhaupt richtig eingearbeitet hätten. Jeder einzelne Grund ist für sich allein ausreichend, den Antrag auf Durchführung der außerordentlichen Mitgliederversammlung zurückzuweisen.

Diese Stellungnahme wird von den Abteilungsleitern des Vereins mitgetragen, so die Vereinsführung. Direkt sagt Andreas Rollwage (Abteilungsleiter Dart): „Bei der ordentlichen Mitgliederversammlung haben alle Mitglieder die Möglichkeit, den Kurs für die Zukunft des Vereins zu bestimmen und die aus ihrer Sicht am besten geeigneten Aufsichtsratskandidaten zu wählen. Ein konkreter Grund, warum nicht bis März abgewartet werden kann, ist für mich nicht zu erkennen.“ Und Hansi Teille (Abteilungsleiter Tischtennis) pflichtet ihm bei: „Das hohe Gut der außerordentlichen Mitgliederversammlung wird leider missbraucht, um persönliche Interessen im Profifußball durchzusetzen. Für mich ist nicht erkennbar, dass die Wünsche und Ziele der aktiven Abteilungen dabei eine Rolle spielen.“

Ob damit allerdings das letzte Wort gesprochen worden ist, bleibt abzuwarten.

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