Sind Schützenplätze obsolet? – Ein Gespräch mit dem Sehnder Bürgermeister Olaf Kruse

In Sehnde stehen viele neue Bauten auf dem Programm, darunter Wohnungen, Sporthallen und Schulen. Dabei geht es für die Verwaltung auch immer um die Frage, wohin mit den Bauten, kostengünstig, zentral und ohne Störung eines möglicherweise laufenden Betriebes. Manchmal, so auch in Sehnde, schlagen die Wogen plötzlich hoch, weil geliebte Dinge auch in Überlegungen einbezogen werden und werden müssen. Das war auch bei zwei Projekten der Fall.

Bürgermeister Olaf Kruse im Gespräch mit SN zu Bauplanungen – Foto: JPH

In den zurückliegenden Wochen und auch aktuell noch geht es dabei um Schützenplätze, die in die verschiedensten Betrachtungen aus verschiedenen Gründen  einflossen. Es ging dabei nicht immer sachlich zu, sondern oft auch emotionsgeladen. Während in Ilten jetzt Ruhe eingekehrt zu sein scheint (siehe auch SN-Bericht),  ist die Unruhe in Höver offensichtlich noch nicht beendet.

Wir führten dazu ein Gespräch mit dem Sehnder Bürgermeister Olaf Kruse, der bei diesen  Diskussionen meistens im Mittelpunkt stand.

SN: Erst der Schützenplatz in Höver, dann der in Ilten als mögliches Bauland. Was folgt? Sind Sie der Killer der Sehnder Schützenplätze?

Kruse:  Also Killer bin ich sicher nicht, das wäre auch strafbehaftet. Es ist vielmehr so, dass, wenn wir als Stadtverwaltung Maßnahmen zu treffen haben, natürlich  alle möglichen Lösungen in Betracht zu ziehen sind. Wie das dann am Ende ausgeht, das ist zunächst völlig ergebnisoffen.

Es ist nicht so, dass wir uns von vornherein auf nur eine Variante konzentrieren, es sei denn, es gibt nur eine. Auch das ist ein möglicher Aspekt. Aber gerade ich bin immer sehr darum bemüht, zu schauen, dass es Alternativen gibt, aus denen man wählen kann. Und wenn es denn Alternativen gibt, die auswählbar sind, dann werden wir uns immer für die beste entscheiden. Aus Sicht der Verwaltung und meiner persönlichen Sicht ist die beste immer die, die den meisten Sehndern und Sehnderinnen dann auch zugutekommt.

Dass man bei Entscheidungen, die man zu treffen hat, nicht immer die 100 Prozentquote erwischt, ich denke, dass ist jedem klar, weil wir in dem was wir machen und was ich mache, es nicht jedem Recht machen können, weil das gar nicht zu erreichen ist. Aber entscheidend ist dabei auch, dass es für diejenigen, die dabei Betroffene sind, auch eine möglichst akzeptable Lösung ist. In einer Demokratie ist es so, dass am Ende ein Gremium oder ein Einzelner entscheidet. Also als Killer bezeichnet zu werden, fände ich dann schon sehr schade und auch unangemessen.

SN: Was war die Überlegung zum höverschen Schützenplatz?

Kruse:  Das hatte ich ja schon kommuniziert. Es gab die Anfrage eines Unternehmens aus Höver, dass man für Mitarbeitende gerne Wohnraum schaffen möchte. Es wissen alle um die Probleme insgesamt, denn der bezahlbare Wohnraum im Stadtgebiet Sehnde ist begrenzt. Und ich finde es gut, dass ein Unternehmen sagt, ich möchte für meine Mitarbeiter vor Ort und auch zur Mitarbeiterfindung die Möglichkeit eröffnen, Wohnraum anzubieten. Und das möglichst arbeitsplatznah, absolut sinnvoll sowohl im ökonomischen wie ökologischen Sinne. Da haben wir gesagt, wir gucken mal, welche Lösungsmöglichkeiten es gibt. Und da war naheliegend zu schauen, über welche Eigentumsflächen verfügt die Stadt Sehnde.

Der Schützenplatz bleibt in Höver – Foto: JPH

Dabei ist natürlich die Fläche des Schützenplatzes ins Auge gefallen. Und wenn man sich dann Gedanken macht, schaut man nicht nur auf die eigenen Flächen, sondern betrachtet auch die umliegenden und spricht mit dem Nachbarn im nördlichen Bereich, wie die Bereitschaft sein könnte, einer Veräußerung des Grundstückes für eine mögliche Nachnutzung zur verdichteten Bebauung zuzustimmen. Damit kam der Stein ins Rollen. Da war natürlich von mir entsprechende Vertraulichkeit eingefordert, die leider nicht eingehalten wurde. Genau das, was mit der Verunsicherung einiger Höveranerinnen und Höveraner in Unkenntnis aller Umstände jetzt eingetreten ist,  sollte natürlich vermieden werden . Und das erfolgte zu einem Zeitpunkt, an dem noch nicht geklärt werden konnte, ob es zu einer solchen Maßnahme überhaupt kommt.  Für mich ist die Thematik Bebauung des Schützenplatzes in Höver erst mal erledigt. Was nicht heißt, dass nicht an weiteren Lösungen gearbeitet wird.

SN: Was unterscheidet die Lösung vom Iltener Platz von der von Höver?

Kruse:  Na ja, die erste ist die: In Ilten haben wir ein eigenes Interesse, etwas zu tun, weil es darum geht, für die Schüler und Schülerinnen sowie Lehrkräfte eine unter pädagogischen Gesichtspunkten gute Arbeitsumgebung zu schaffen, indem wir statt eines Anbaus an ein altes Gebäude uns Gedanken darüber machen, ein neues Gebäude, unter etwas höheren Kosten, aber unter dem Aspekt von sinnvoller Nachhaltigkeit, zu schaffen.

Und wenn wir uns über einen Neubau für Grundschüler unterhalten, ergibt es natürlich Sinn zu schauen, wie sieht‘s denn mit den Bereichen aus, die Schüler auch außerhalb ihres reinen Lernbetriebes benötigen – zum Beispiel im Bereich Sport – also ein Sportplatz, eine Sporthalle. Und deshalb ist es naheliegend, dass man eine Verortung so wählt, dass eine Sportanlage und eine Sporthalle möglichst fußläufig erreichbar sind. Deswegen ist es zunächst einmal sinnvoll, darüber nachzudenken, ob es nicht einen Platz geben könnte, der diese Bedingungen erfüllt. Die Frage war also, eine Fläche zu finden, die dafür geeignet ist, eine Schule zu platzieren.

Der Schützenplatz in Ilten bleibt auch bestehen – Foto; JPH/Archiv

Dass diese Fläche nun eine Mehrfachnutzung hat, ist natürlich etwas, was man im Blick behalten muss bei einer möglichen Umsetzung. Und das gilt für mich und alle. Es geht nicht darum, irgendwem etwas wegzunehmen, sondern es geht letztlich darum, eine gute Lösung zu finden für etwas, das benötigt wird. Und da gibt es einen Abwägungsprozess, der durchlaufen wird und die Klärung der Frage, wievielen Menschen dient es mehr, auch wenn es zu Lasten einiger geht? Diese Abwägung muss man generell treffen. Im Rahmen der Abwägung muss dann auch entschieden werden, welchen Ausgleich man schaffen kann. Wenn wir zum Beispiel sagen würden, dass wir den Schützenplatz in Sehnde bebauen würden, dann gäbe es wohl wenig Aufschrei, weil sich die Schützen der Stadt schon entschieden haben, das Fest in die Ortsmitte zu verlagern.

Für Ilten hat die Diskussion über einen möglichen Standort verschiedene Varianten ergeben, von denen jetzt mehrere näher betrachtet werden.

SN: Wie ist der aktuelle Stand der Entscheidungen?

Kruse:  Ich hatte ja zu Höver schon gesagt, dass wir schauen, welche Alternativen sich ergeben könnten für den Interessenten, der Wohnungsbaumöglichkeiten sucht. Da sind wir bereits dran. Zumal sich der Eigentümer des nördlich gelegenen Grundstücks einen Verkauf zurzeit nicht vorstellen kann. Nichtsdestotrotz werden wir bei allen Dingen, die wir für die Entwicklung der Stadt Sehnde im Blick haben, selbstverständlich auch solche Flächen weiterhin im Blick behalten. Was nicht heißen soll, dass wir jedem Ort nun Schützenplätze entreißen wollen. Das ist es wirklich nicht. Und es ist in der Demokratie nicht so, dass der Bürgermeister die Entscheidungen trifft, sondern er bereitet mit der Verwaltung diese Entscheidungen vor, über die dann letztendlich in den Gremien beraten und dabei dem Verwaltungsvorschlag gefolgt, dieser aber auch geändert oder verworfen wird.

Die Sitzungen im Rat sind auch während Corona öffentlich – Foto: JPH

Und zum Sachstand Ilten: die Fachausschüsse und der Rat haben ihr Votum in Richtung Neubau abgegeben. Sobald die Möglichkeit besteht, mit weiteren Details an die Öffentlichkeit zu gehen, werden wir das auch tun. Ich bin schon sehr für Transparenz, aber manch einer hat damit Schwierigkeiten – leider. Es gibt für mich beim Anstellen von Überlegungen erst einmal kein Tabu. Um es mal ganz klar zu sagen; Wenn etwas betrachtet wird, dann wird alles betrachtet. Und anschließend gibt es hierzu einen Abwägungsprozess. Den muss man genau durchlaufen und alles für und wider, soweit man es eben auch verfügbar hat oder verfügbar machen kann, beurteilen – dann gibt es eine Entscheidung.

SN: Welche Mitsprache haben die Ortsräte und die Bürger bei anstehenden Entscheidungen?

Kruse:  Jeder Bürger hat die Möglichkeit, über die Teilnahme an öffentlichen Sitzungen sein Votum in Form einer Frage einzubringen. Beispiel Höver: Es gab eine große Resonanz, als es um das Problem Amazon aus Sicht der Höveraner ging. Da war ein guter Besuch bei der Ortsratssitzung zu verzeichnen. Aber das ist immer themenabhängig. Bei der Straßenausbaubeitragssitzung war ich überrascht über die geringe Resonanz von Bürgerinnen und Bürgern. Denn die  trifft irgendwann mal jeden Grundstückseigentümer.

Die Diskussion über eine Veränderung von Flächen in einem Stadtteil wird immer unter Beteiligung der Ortsräte erfolgen. Und spätestens an der Stelle kann man sich entweder über seine Ortratsvertreter entsprechend einbringen oder tatsächlich durch Teilnahme an den Sitzungen.

Die letzte Entscheidung trifft der Stadtrat. Auch diese  Sitzungen sind öffentlich. Wobei allerdings die Abwicklung des Kaufgeschäfts an sich aufgrund der Regelungsinhalte nur nicht öffentlich beraten werden darf. Aber die Diskussion über die Ausgestaltung im Rahmen eines Bebauungsplanes erfolgt öffentlich.

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