Es geht nicht um Posten – es geht um unser Land

Nicht gerade zum politischen Aschermittwoch, so doch aber zur politischen Standort- und Richtungsbestimmung war am Montag die Bundestagsabgeordnete Dr. Maria Flachsbarth zu Besuch zum Stadtverband der CDU Sehnde gekommen. Dazu konnte dessen Vorsitzender Lutz Lehmann in Dolgen im Gasthof Nawo um 19.30 Uhr rund 30 Mitglieder und Gäste begrüßen, die bereit waren, sich über die Verhandlungen im Bund und Land zur „GroKo“ und den Koalitionsabsprachen  informieren zu lassen.

Gespannt hörten Lutz Lehmann (li.) und die Gäste dem Bericht aus Berlin von Dr. Maria Flachsbarth (hi.re.) zu – Foto: JPH

Es ist immer etwas anderes, sich von Beteiligten Informationen aus ersten Hand zu holen, als sich über die gefilterte Berichterstattung in den unterschiedlichsten Medien zu informieren. So hätte diese Veranstaltung durchaus mehr Zuspruch verdient gehabt, doch der Karneval und der Schnee sowie die dezentrale Lage hatten sicher den einen oder anderen Interessierten abgeschreckt.

In ihrem Bericht als stellvertretende CDU-Landesvorsitzende, Bundestagsabgeordnete und Staatssekretärin ging sie zunächst auf die Koalitionsgespräche im Land ein und berichtete dann von denen auf Bundesebene – von Jamaika bis zur „GroKo“. Flachsbarth, die erstmals seit den beiden Wahlen wieder in Sehnde war, bestätigte, dass die beiden Wahlergebnisse nicht zufriedenstellend für die CDU ausfielen und es dafür verschiedene Gründe gäbe. Doch die Koalitionsgespräche in Niedersachsen waren dann relativ schnell zu einem Ergebnis gekommen, nachdem klar war, dass die FDP in keine Ampel und die Grünen nicht mit der FDP koalieren würden. „So blieb nur eine SPD-geführte GroKo“, erklärte sie, „denn auch mit Neuwahlen sah es schlecht aus.“ Da man sich aber bis in die „persönliche Ebene verhakt“ hatte, musste zunächst diese Problematik ausgeräumt werden. „Dann ist beim Land ja ein vernünftiges Programm herausgekommen und es besteht auch Vertrauen“, führte sie aus – und lobte auch Stefan Weils Pragmatismus.

Anders stelle sich die Entwicklung in Berlin dar. „Leider ist Jamaika gescheitert. Vielleicht wäre etwas Neues, Spannendes daraus geworden“, blickte sie zurück. „Die SPD begann die Verhandlungen dann mit einem Herzklopfen.“ Die dabei gestellten Fragen nach der „schwarzen Null“, die so oft betont wurde, interessiere nach den Worten von Flachsbarth tatsächlich die Bevölkerung nicht. „Dort fragt man vornehmlich nach der Pflege, der Rente und den Schulen und letztlich nach dem Kooperationsverbot.“ So habe man festgeschrieben, 8000 Pflegekräfte einzustellen, nach 35 Jahren Arbeit die Rente um zehn Prozent über die Grundsicherung anzuheben und die Kinderbetreuung zu verbessern. Außerdem wolle man mehr Polizisten – und der ausgeglichene Haushalt steht auch im Vertrag. „Dabei ist die Abgabe des Finanzministeriums an die SPD kein Problem. Das hat mit Peer Steinbrück ja auch geklappt und der Minister ist kein freischwebender Körper. Das Parlament regelt den Haushalt“, sagte sie. Zudem schwebte über allem die letzte Frage: Ist ein Scheitern verantwortungsbewusst? Immerhin ginge es nicht um Posten und Personen, sondern um unser Land.

In lockerer Diskussionrunde ging es dann um Landes- und Bundespolitik und die CDU als solche – Foto: JPH

In der sich daran anschließenden intensiven Diskussionsrunde ging es von der Landespolitik mit der Frage nach der Vergrößerung der Mitarbeiterstäbe, zur Bundespolitik, wo in der designierten Ministerriege doch ein ostdeutscher Vertreter fehle, obwohl dort die CDU erhebliche Akzeptanzprobleme hätte. Das jedoch, so Flachsbarth, sei noch gar nicht entschieden. „Nur drei Posten waren fest“, so Flachsbarth. „Die von Merkel, Seehofer und Schulz. Der Rest ist völlig offen.“ Auch die Frage nach einer  Minderheitsregierung kam auf. „Da wedelt dann ein wechselnder Schwanz mit dem Hund“, so die Metapher, die sie in ihrer Antwort nutzte. Man müsse sich jede Zustimmung erkaufen – bei wechselnden Partnern.

Im Zuge der „Neuwahl-Diskussion“ stellten die Anwesenden dann auch die Kernfragen der Basis: Wofür steht die CDU eigentlich? Wo ist die Kontinuität zu sehen? Was sagen wir dem Wähler? Man war sich schnell einig, dass diese Antworten heutzutage viel schwieriger seien, als vor 50 Jahren. „Wir stehen für Maß und Mitte, könnte man sagen“, so Flachsbarth. „Aber wir sind auch eine andere Gesellschaft geworden als noch vor 50 Jahren.“ Demnach ist die Gesellschaft heute breiter aufgestellt und hat keine übereinstimmenden Themen mehr, ihre Interessen sind viel divergierender. Mit ihrem geeigneten Schlusswort fasste Flachsbarth dann die aktuelle Situation in Berlin zusammen: „Wir wollen nun einfach anfangen und still vor uns hin arbeiten.“ Ihr Wunsch wird allerdings wohl erst nach Parteitagen und Befragungen Realität werden – wenn überhaupt.

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