Ausgabe-Auflagen nicht zu schaffen – AWO Kleiderkammer „Stöberkiste“ schließt

Ausgabe-Auflagen nicht zu schaffen – AWO Kleiderkammer „Stöberkiste“ schließt

Vor wenigen Tagen hat sich die Kleiderkammer der AWO auf dem hastra-Gelände, die „Stöberkiste“, noch über die Kleiderspende von Amazon aus Höver gefreut (siehe Bericht der Sehnde-News). Die Versorgung der zu erwartenden Flüchtlinge aus der Ukraine hätte damit sehr gut sichergestellt werden könne. Hätte … denn nun ist es mit der Ausgabe vorbei, die Stöberkiste schließt.

Mit der Einlagerung der umfangreichen Kleiderspende im ersten Geschoss über der Stöberkiste begann ein behördlicher Vorgang, der seinen Ausgang offensichtlich im Baurecht hat. Denn der ersten Etage fehlt die Fluchttreppe – und damit kann dort oben kein Publikumsverkehr erfolgen. Auch nicht, wenn in Europa Krieg ist, Flüchtlinge versorgt werden müssen, kurzzeitig in der ersten Etage eine zeitlich begrenzte Ausgabe erfolgt und die limitierte Besucherzahl danach wieder das Stockwerk verlässt. Wer wohl wie dort früher gearbeitet hat?

Freude über Spende währte nur kurz

Die AWO erhielt nach dem Bericht zur Einlagerung der Spende in den Medien (siehe Bericht der Sehnde-News) ein von dem Fachbereich Gebäudewirtschaft der Stadtverwaltung Sehnde aufgesetztes Schreiben in dem es hieß: „Die gesammelten Spenden dürfen nur noch 3 bis 4 Tage im 1. Stock im Gebäude der Stöberkiste gelagert werden. Die Räumlichkeiten im 1. Stock dürfen nicht für die Ausgabe benutzt werden.“

Diese Sätze haben es in sich. Und brachten einen Stein ins Rollen, der angesichts des Krieges und der Flüchtlinge besser liegen geblieben wäre. Der Vorsitzende der AWO und damit „Chef“ der Stöberkiste, Reiner Luck, wandte sich sofort an die Ehrenamtskoordinatorin der Stadt, die den Bürgermeister einschaltete. Die Frage von Luck: „Die Stöberkiste ist durch eine außerterminliche kurzfristige Annahme im Erdgeschoss (14.03.2022) bis zum Rand gefüllt. Es war klar, dass die Spende von Günter Pöser vom 21.03.2022 (ein voller 7,5 Tonner) nur im 1. Stock ausgestellt und angeboten werden kann. Am 23.03.2022 ist der nächste Annahmetag von Kleiderspenden. Für den 24.03.2022 ist weitere große Spende von der KGS Sehnde angekündigt worden. Vermittelt durch die Stadt Sehnde soll diese Spende ebenfalls in der Stöberkiste gelagert werden.“

Mit viel Engegement und Kraft wurde die Spende von Amazon eingelagert – Foto: Privat

Weitere Spenden angekündigt

Doch in der Antwort der Ersten Stadträtin für die Stadtverwaltung heißt es unter anderem: „Da im 1. Obergeschoss und Keller kein zweiter Flucht- und Rettungsweg vorhanden ist und diese Fläche auch nicht als Verkaufsfläche ausgewiesen ist, müssen Sie bitte folgende Auflagen beachten: 1. Die Kleiderausgabe und der Zugang für die Kund*innen muss sich auf das Erdgeschoss beschränken, d.h. ein Zugang und die Ausgabe für Kunden ist in der ersten Etage und im Keller nicht möglich. 2. Die 1. Etage und der Keller sind nicht für ein dauernden Aufenthalt zugelassen. […] Ich hoffe, dass trotz dieser Einschränkung die Ausgabe der gespendeten Kleidung und Sachspenden erfolgen kann.“

Tatsächlich ist die rechtliche Lage so, wie sie die Stadt bewertet. Was bedeutet das aber nun für die Stöberkiste?

Arbeit nicht zu leisten

Eine Ausgabe der Spenden an die Flüchtlinge im Erdgeschoss ist so nicht möglich, das wird jedem einleuchten. Da die Bereiche Keller und Obergeschoss aber nicht für die Ausgabe zugelassen sind, wären die Ehrenamtlichen der AWO gezwungen, die Kleider aus der ersten Etage und dem Keller ständig zwischen den Bereichen hin- und herzutragen. Unzumutbar, bei der Menge der Bekleidungsauswahl. Deshalb zieht Luck nun die Notbremse und teilt mit: “ Nach Rücksprache mit meinen ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen ist es denen nicht zumutbar, Sachspenden zwischen dem Erdgeschoss und dem 1. Stock mehrfach zu wechseln. Eine Lagerung für einen  begrenzten Zeitraum stellt für uns in dieser Situation keine Lösung dar. Es ist in dem Haus eine sehr breite Treppe vorhanden und wir haben auch vor und während der Corona-Beschränkungen in Absprache nie mehr als 12 Personen gleichzeitig zur Ausgabe eingelassen. Ich kann Ihre Bedenken verstehen. Ich bitte Sie auch zu verstehen, dass ich meine Mitarbeiterinnen durch unnötige Schleppereien, die sich auf längere Zeit hinziehen werden, nicht noch mehr belasten kann. Aus diesen Gründen sehe ich mich daher nicht mehr in der Lage, die Stöberkiste weiter zu leiten.“

Und nun erfolgt weder eine Annahme von weiteren Spenden noch eine Ausgabe der vorhandenen. Wie die Lagerung jetzt abgewickelt werden kann und muss – siehe Vorgabe der Sehnder Gebäudewirtschaft – ist noch vollkommen offen. Die Auswirkungen des Krieges in der Ukraine haben Sehnde also schon vor dem Eintreffen der ersten Flüchtlinge erreicht.

(Bild oben: Die Kleider müssen für die Flüchtlinge aufgestellt werden, aber keinesfalls im ersten Stock – Foto: JPH/Archiv)

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