Ausstellung über häusliche Gewalt in Sehnde zu sehen: „Wenn aus Liebe Hass wird“

Die Fallzahlen nehmen zu, doch das kann auch einer besseren Aufklärungsarbeit und mutiger werdenden Betroffenen geschuldet sein: die Anzeigen zu häuslicher Gewalt steigen leider immer noch an. Deshalb haben die Stadt Sehnde und der Präventionsrat gemeinsam mit der AWO Region Hannover – Fachbereich Frauen – die Ausstellung zur häuslichen Gewalt des LKA Niedersachsen ins Foyer des Rathauses geholt und machen sie dort den Bürgern, Betroffenen, Interessierten und Schülern zugänglich.
Im Rahmen der Eröffnung, zu der die Aussteller rund 30 Gäste begrüßen konnte, sprach zunächst der Bürgermeister der Stadt, Olaf Kruse: „Herzschlag – wenn aus Liebe Hass wird, dieser Titel berührt sofort. Er bringt in wenigen Worten das Spannungsfeld auf den Punkt, an dem sich zu viele Menschen Tag für Tag befinden. Beziehungen, die mit Liebe
Wie man in diese Schieflage gerät, welche Anzeichen und Phasen es gibt – und wie man dagegen Hilfe bekommt, all das stellt die Ausstellung grafisch dar. „Diese Ausstellung macht das Unsichtbare sichtbar“, so Kruse. „Herzschlag dient der Aufklärung und Sensibilisierung der Opfer und des privaten Umfeldes.“ Zudem soll mit dieser Ausstellung die Hemmschwelle zur Annahme von Hilfen gesenkt und entsprechende Angebote bekanntgemacht werden.
Digitale Gewalt als neue Form
In ihrem anschließenden Vortrag zur digitalen häuslichen Gewalt, einem relativ neuen Anteil an der Gewaltausübung zuhause, trug Katharina Krüger Fachbereichsleiterin bei der AWO der Region Hannover, vor, dass mit den sozialen Medien auch neue „Gewaltformen“ in das Gewaltspektrum eingezogen sind. Neben den bereits vielfach diskutierten Shitstorms, Mobbings und Groomings kommt es zu omnipräsenter und ortsunabhängiger Überwachung, Unterbinden des Online-Bankings und durch Standort-Tracking zu „plötzlichen“ Begegnungen. Das zermürbt Betroffene psychisch und führt zu einem allgegenwärtigen Unwohlsein.
Auch Kinder sind von dieser Form der häuslichen Gewalt nicht unbetroffen. Es gibt Tracker für ihre Handys, Spielzeug, dass sie elektronisch überwachen kann und Handy-Kontrollen und Kontaktverbote – um nur einiges zu nennen.

Deren langfristige Folgen sind für Partner und Kinder schwer einschätzbar, für Kinder und Jugendliche kommt noch eine hohe Schamschwelle und sozialer Druck durch Gleichaltrige dazu. Am Schluss steht möglicherweise sogar noch eine Täter-Opfer Umkehr, bei der das Opfer „selbst Schuld hat“ und der Täter damit „entlastet“ wird.
Krüger zeigte dann auch Schutzmöglichkeiten auf, angefangen mit korrekten Sicherheitseinstellungen an den elektronischen Geräten, die Zwei-Faktor-Authentifizierung einrichten und -nach einer Trennung – alle Sicherheitseinstellungen und Passworte ändern. Zudem sollten Betroffene Beweise sichern und Screenshots anlegen. Nach einem kurzen Film zum Thema erfolgte der gemeinsame Besuch der Ausstellung.
Besuchsmöglichkeiten
Bereits am Morgen waren dort allerdings schon die ersten Schüler der KGS Sehnde zu Gast gewesen, hatte sich informiert und danach in zwei Gruppen, getrennt nach Jungen und Mädchen, zu ihren Erkenntnissen und Eindrücken ins Gespräch gebracht worden. Dabei ordneten sie interaktiv Sprüche zu, bewerteten Übergriffe und Tolerierbares und traten „in einen tollen und sensiblen Austausch“, so die Gleichstellungsbeauftragte und Ausstellungsinitiatorin Jennifer Glandorf. „Besonders die Mädchen fanden die Informationen sehr hilfreich, wobei die Diskussionen bereits während der Besichtigungen begannen, fügt Glandorf hinzu. Auch die übrigen sieben Klassen der KGS werden mit einer Vorbereitung durch die Sozialarbeiter der Schule, Manuela Engelhardt und Ole Märtins, diese Ausstellung noch besuchen.
Für die Öffentlichkeit ist die Ausstellung immer zu den Öffnungszeiten des Bürgerbüros kostenlos bis Freitag zu sehen. Am Donnerstagnachmittag wird in der Ausstellung (geöffnet ab 14.30 Uhr) die Gleichstellungsbeauftragte vor Ort sein und ab 15 Uhr mit den Besuchern ins Gespräch kommen.
Anzeige