Nach Randale bei Derbys: 117 Tatverdächtige identifiziert, 251 Strafverfahren eingeleitet

Nach Randale bei Derbys: 117 Tatverdächtige identifiziert, 251 Strafverfahren eingeleitet
251 Anzeigen wurden von der Polizei erstattet wegen Randale im Stadion - Foto: Privat

Rund sechs Monate nach dem Niedersachsen-Derby zwischen Hannover 96 und Eintracht Braunschweig in der Landeshauptstadt hat eine von der Polizeidirektion in Hannover eingerichtete Ermittlungsgruppe eine vorläufige Bilanz vorgelegt. Nach mehrmonatiger akribischer Ermittlungsarbeit wurden 251 Strafverfahren gegen Anhänger beider Vereine eingeleitet. 117 Tatverdächtige wurden unter anderem durch Videoauswertungen identifiziert.

Gewalttaten und Landfriedensbruch

Im Rahmen des Niedersachsen-Derbys verübten Gewalttäter aus den Szenen von Hannover 96 und Eintracht Braunschweig am 05.11.2023 zahlreiche Straftaten, darunter gefährliche Körperverletzungen, tätliche Angriffe auf Einsatzkräfte der Polizei sowie Landfriedensbrüche. Darüber hinaus richteten die Täter immensen Sachschaden an. Die Summe beläuft sich auf mindestens 125.000 Euro.

Praktisch mit dem Abpfiff der Partie setzte die Polizeidirektion in Hannover eine fünfköpfige Ermittlungsgruppe ein, die nach einem halben Jahr intensiver Arbeit nun ihre Bilanz vorgelegt hat. Laut dieser leiteten die Ermittler 251 Strafverfahren ein. 85 richten sich gegen Anhänger von Hannover 96, die übrigen Verfahren betreffen Tatverdächtige aus der Braunschweiger Szene. Insgesamt 117 der oftmals vermummten Tatverdächtigen konnte die Polizei identifizieren, 32 davon sind Hannover-Anhänger.

Vier Ermittlungsschwerpunkte

Die Ermittlungen konzentrierten sich auf vier Schwerpunkte: 26 Verfahren ergingen aufgrund von Vorfällen während des Fanmarschs der Hannover-Ultras zum Stadion, aus dem mehrfach Pyrotechnik auf Einsatzkräfte geschossen sowie auch die Gesundheit Dritter gefährdet wurde. Die Ermittlungen erfolgen hier aufgrund einfachen und schweren Landfriedensbruchs.

52 Verfahren leitete die Polizei nach massiver Gewalt von 96-Anhängern an der Außenavus der Arena und in einem Treppenhaus des Stadions im Heimbereich ein. Während Gewalttäter einen Kiosk zerlegten, bewarfen sie Einsatzkräfte mit Bauteilen des zerstörten Kiosks – und setzten bei ihren Angriffen erneut Pyrotechnik ein. Zudem wurde eine sieben Kilogramm schwere Registrierkasse in Richtung der Polizeibeamten geworfen. Ermittelt wird hier ebenfalls wegen des schweren und einfachen Landfriedensbruchs.

Auch ums Stadion gab es Angriffe auf die Polizei – Foto: JPH

Ein dritter und ein vierter Schwerpunkt der Ermittlungen betrafen den Gastbereich. Hier demontierten Braunschweig-Anhänger in einem zwischen Gast- und Heimfanbereich eingerichteten Pufferblock Metallelemente einer Sektorentrennung, um anschließend Einsatzkräfte mit Metallstangen und Pyrotechnik zu bewerfen. 19 Ermittlungsverfahren wegen schweren und einfachen Landfriedensbruchs sind die Folge.

131 Verfahren mit demselben Tatvorwurf leiteten die Ermittler gegen die Personen ein, die während des Spiels mehrere Sitzreihen in der Gästekurve abschraubten und vom Oberrang in die Tiefe warfen. Dabei entstand großer Sachschaden.

Die übrigen der insgesamt 251 Ermittlungsverfahren gehen auf Taten zurück, die abseits der vier genannten Ermittlungsschwerpunkte festgestellt wurden.

Brutalität überrascht die Polizei

„Das Kalkül und die Brutalität, mit der die Täter hier vorgegangen sind, macht uns alle fassungslos“, erklärte der Leiter der Ermittlungsgruppe, Tobias Klein. „Da Werkzeuge mitgebracht wurden, um Trennelemente und Sitzreihen zu demontieren, ist davon auszugehen, dass es sich um eine geplante Eskalation handelte. Die Gewaltbereitschaft macht uns, auch nach mehreren hunderten Stunden Videoauswertung, wo uns bestimmte Szenen immer wieder vor Augen geführt wurden, betroffen.“

Über den Ausschluss von den jeweils gegnerischen Fans von den beiden Derbyspielen hat die Innenministerin Daniela Behrens bereits mit den Vereinen gesprochen und möchte gerne die „Fans“ des Auswärtsteams vom Spiel nicht ins Stadion lassen (SN berichtete). Ob das allerdings die Ultras von der Anreise an den Spielort abhält, darf bezweifelt werden.

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