„Breaking the Chains“ – Grenzen überwinden, Teilhabe neu denken: Symposium in Köthenwald


Am 10. September diskutierten Experten und Gäste beim Wahrendorff Wohnen-Symposium unter dem Titel „Breaking the Chains: Projekte, Perspektiven und Herausforderungen sozialer Teilhabe“ lebhaft und interdisziplinär über Inklusion, Selbstbestimmung und gesellschaftliche Verantwortung. Rund 200 Teilnehmer setzten sich mit aktuellen Fragen zur Teilhabe, Inklusion und individuellen Unterstützung für Menschen mit psychischen und intellektuellen Beeinträchtigungen auseinander.
Die Veranstaltung bot ein abwechslungsreiches Programm mit Vorträgen, Diskussionsrunden und einem „Markt der Teilhabe“. Ziel war es, gesellschaftliche, strukturelle und persönliche Barrieren zu überwinden, ganz im Sinne des Mottos „Breaking the Chains“.
Innovative Projekte und wissenschaftliche Impulse
Dr. Julia Krieger, Leiterin des Symposiums und Psychologin im Wahrendorff-Team für Forschung und Entwicklung, sowie Maryam Hakim, Psychologin in der Psychiatrischen Institutsambulanz, präsentierten das Projekt „Leinen los, statt Anker setzen“. Es unterstützt Menschen aus der Eingliederungshilfe auf dem Weg in eine eigene Wohnung oder dabei, einen Job auf dem ersten Arbeitsmarkt zu finden, und erregte bereits auf dem European Congress of Psychiatry (EPA 25) sowie der 29. Sozialpsychiatrie-Tagung in Salzburg große Aufmerksamkeit. Ein anschauliches Beispiel dafür, wie praxisnahe Forschung die gesellschaftliche Teilhabe fördern kann.
Privatdozentin (PD) Dr. Uta Gühne sprach über die S 3-Leitlinien zu psychosozialen Therapien bei schweren psychischen Erkrankungen. Christiane Scholz, Wohnbereichsleiterin und Heilpädagogin, berichtete zusammen mit der projektverantwortlichen Psychotherapeutin Eyleen Besser anschaulich über die Umsetzung des Ansatzes der emotionalen Entwicklung bei Menschen mit Intelligenzminderung im Bereich Wahrendorff Wohnen. Thelke Scholz beeindruckte mit einem Vortrag aus ihrer Perspektive als Expertin aus Erfahrung im Spannungsfeld von Selbstbestimmung und Fürsorge.“
Podiumsdiskussion: „Teilhabe leben – Was braucht es wirklich?“

Besonderes Interesse weckte die Podiumsdiskussion mit PD Dr. Gühne, Leiterin der AG Leitlinien & Psychosoziale Versorgungsforschung am Universitätsklinikum Leipzig und Autorin der DGPPN-S3-Leitlinie „Psychosoziale Therapien bei schweren psychischen Erkrankungen“, Andreas Landmann, Vorsitzender der Besuchskommission Region Hannover, Thelke Scholz, Wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Medizinischen Hochschule Brandenburg und Expertin aus Erfahrung, Henrik Bey, Wahrendorff-Bewohner, sowie Eyleen Besser, Leitende Psychotherapeutin bei Wahrendorff Wohnen.
Sie diskutierten intensiv über die persönliche Bedeutung sozialer Teilhabe, die Voraussetzungen für gelungene Inklusion und die Herausforderungen durch gesellschaftliche Vorurteile.
Selbstbestimmung statt Bevormundung
Ein weiterer Schwerpunkt der Diskussion war das Spannungsfeld zwischen Fürsorge und Selbstbestimmung. „Fürsorge darf nicht bevormunden“, sagte PD Dr. Gühne. „Zentral ist das Konzept der assistierten Entscheidungsfindung, unterstützen, aber nicht übergehen.“ Scholz ergänzte: „Menschen müssen selbst entscheiden dürfen, was Hilfe für sie bedeutet.“
Blick nach vorn
Einigkeit herrschte darüber, dass Teilhabe strukturell gestärkt werden muss. Dazu gehören mehr Begegnungsräume, die Einbindung von Erfahrungs-Experten sowie der konsequente Abbau von Barrieren in allen Lebensbereichen. „Wir müssen mehr Menschen für inklusive Arbeit und Gemeinschaft gewinnen, gerade in Zeiten, in denen Toleranz und Akzeptanz wieder neu erstritten werden müssen“, so Besser.
Mit dem Symposium setzte Wahrendorff Wohnen ein deutliches Zeichen: Teilhabe ist kein theoretisches Konzept, sondern ein lebendiger gesellschaftlicher Prozess, der Engagement, Wissen und Mut erfordert.
Anzeige