Schutz im Katastrophenfall: Was die Region Hannover schon hat – und was fehlt

Schutz im Katastrophenfall: Was die Region Hannover schon hat – und was fehlt
Für den Bevölkerungsschutz sind viele Dinge zu berücksichtigen - Foto: JPH
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In Krisensituationen sein eigenes Leben und das Leben anderer Menschen retten zu können, richtiger Schutz bei Naturkatastrophen – Sicherheitsaspekte, die in der aktuellen Weltlage für Menschen immer bedeutender werden. Auf die Wichtigkeit entsprechender Vorsorgemaßnahmen wies der bundesweite Bevölkerungsschutztag am Sonnabend, 12. Juli, hin. Bevölkerungsschutz ist dabei Primäraufgabe des Bundes, der aber nach Ende des Tauwetters zwischen Ost und West viele Fähigkeiten dazu erst einmal wieder aufbauen muss. Das beginnt bei Warnmöglichkeiten und endet bei Bunkerbauten.

Die Region Hannover ist dabei eine von zahlreichen Behörden, die sich auf Krisenfälle für ihre Bevölkerung vorbereitet. Dabei geht es darum, im Ernstfall schnell, effektiv und koordiniert reagieren zu können.

Eigene Leistungen

Bevölkerungsschutz beginnt schon bei jedem Einzelnen. Ob durch das Wissen um richtiges Verhalten in Krisensituationen, das Nutzen von Warn-Apps oder die Bereitschaft zur freiwilligen Mitarbeit – alle können einen Beitrag leisten. Schon einfache Maßnahmen wie das Kennen der Sirenensignale oder der sichere Umgang mit Erste-Hilfe-Maßnahmen machen im Ernstfall einen großen Unterschied. Wer darüber hinaus aktiv helfen möchte, findet bei Freiwilligen Feuerwehren, Hilfsorganisationen oder dem Technischen Hilfswerk viele Möglichkeiten, sich einzubringen – ob im Einsatz oder in der unterstützenden Organisation.

Lebensmittel sind privat und zentral zu bevorraten – Foto: JPH

Steffen Krach, Regionspräsident meint: „Für die Region Hannover ist klar, dass wir uns mit dem Bereich des Bevölkerungsschutzes in hohem Maße auseinandersetzen, um die richtigen Lösungen für die Einwohner zu finden. Klar ist: effektiver Bevölkerungsschutz lässt sich nur als Gemeinschaftsaufgabe bewältigen, um im Ernstfall besser vorbereitet zu sein. Dabei kann jeder Einzelne eine tragende Rolle spielen und zur Sicherheit beitragen. Das kann durch einfache Maßnahmen wie zum Beispiel das Erstellen eines Notvorrats erfolgen.“

Was leistet die Region Hannover bisher

Rettungsdienst

Die Region Hannover ist Trägerin des Rettungsdienstes und sorgt mit insgesamt 18 Rettungswachen sowie sechs Noteinsatzfahrzeug-Standorten für eine flächendeckende und bedarfsgerechte Versorgung der Bevölkerung. Dazu arbeitet die Region Hannover an der Digitalisierung und Modernisierung des Rettungsdienstes: Seit April 2025 können die rund 120.000 Einsätze jährlich digital erfasst werden.

Ein Konzept zum Massenanfall von Verletzten (MANV-Konzept). Die Aufgabe des Rettungsdienstes ist dabei im Großschadensereignis die Bewältigung von Notfallereignissen mit einer größeren Anzahl von Verletzten oder Kranken, soweit nicht der Eintritt des Katastrophenfalls festgestellt wird. Die Großschadensübungen der Region Hannover in der Vergangenheit zeigen, dass aktiv an der Vorbereitung auf größere Katastrophen gearbeitet wird. Die Übungen simulierten verschiedene Szenarien wie Feuer im Krankenhaus, Busunfälle und Flugunfälle am Flughafen. Dabei lag der Fokus besonders auf der Schulung der ehrenamtlichen Kräfte, um ihre Einsatzfähigkeit in echten Notfällen zu stärken.

Feuerwehr

Im Bereich der Feuerwehr bereitet die Region Hannover den Neubau einer modernen Feuerwehrtechnischen Zentrale (FTZ) in Ronnenberg vor. Dort werden modernste Prüftechnik, großzügige Ausbildungsräume, Lagerflächen, sowie Übungseinrichtungen entstehen. Ziel ist es, eine zentrale Anlaufstelle für die Feuerwehr und den Katastrophenschutz zu schaffen, die sowohl die Einsatzbereitschaft als auch die Ausbildung auf höchstem Niveau gewährleistet.

Leistungsfähige Feuerwehrfahrzeuge brauchen auch Personal – Foto: JPH

Erstmalig wurde im Jahr 2023 ein Fahrzeugkonzept für die Regionsfeuerwehr gemeinsam mit der Regionsverwaltung und Regionsfeuerwehrführung aufgestellt. Bis zum Ende des Jahres 2028 werden im Bereich des Fuhrparks der Regionsfeuerwehr rund 4,6 Millionen Euro investiert. Mit diesen Mitteln werden planmäßig insgesamt 30 Feuerwehrfahrzeuge, Abrollbehälter und Anhänger beschafft, die zum Einsatz kommen, wenn die örtliche Gefahrenabwehr an ihre Grenzen stößt.

Weitere Maßnahmen

Zur Verbesserung der Einsatzfähigkeit bei Großschadenslagen wurden auch die Technische Einsatzleitung (TEL) mit hochmodernen Fahrzeugen ausgestattet. Diese mobilen Führungsstellen ermöglichen eine effektive Kommunikation, Koordination und Einsatzleitung direkt vor Ort.

Das dreijährige Sirenenförderprogramm, das mit einem jährlichen Budget von einer Millionen Euro umgesetzt wird, hat das Ziel, die Warninfrastruktur in der Region deutlich auszubauen und zu verbessern, um die Bevölkerung im Ernstfall schnell und zuverlässig zu warnen. Sie reicht aber bei weitem nicht aus, um die Region komplett abzudecken. So haben einige Städte der Region begonnen, mit eigenen Mitteln eine Abdeckung ihres Bereiches zu erstellen.

Das THW braucht geeignetes Material, um seine Aufgaben zu erfüllen – Foto: JPH

Mehr als 100 Mitarbeiter der Region Hannover engagieren sich freiwillig im Katastrophenschutzstab. Im Krisenfall übernehmen sie zentrale Aufgaben in der administrativen und organisatorischen Einsatzbewältigung. Sie bringen ihre Fachkenntnisse aus unterschiedlichen Bereichen der Verwaltung ein und werden regelmäßig durch interne und externe Fortbildungen geschult. Zusätzlich finden praxisnahe Katastrophenschutzübungen statt, die verschiedene Szenarien realitätsnah abbilden – von Naturereignissen bis zu großflächigen Stromausfällen. Ziel ist es, Abläufe zu trainieren und die Handlungsfähigkeit in besonderen Lagen zu sichern.

Die Region Hannover hat im vergangenen Jahr als erster Kreis in Niedersachsen ein Regenportal für starke Niederschläge veröffentlicht. Es enthält für alle 21 Kommunen digitale Hinweiskarten, die zeigen, wo bei außergewöhnlichem Regenfällen Überflutungen drohen. Mit den Informationen können Kommunen und Einwohner einschätzen, ob ihr Wohnumfeld gefährdet ist und sich darauf vorbereiten. Das Portal steht im Internet bereit.

Das Hochwasser zum Jahreswechsel 2023/2024 stellte einige Kommunen in der Region Hannover vor große Aufgaben. In mehreren Gebieten waren steigende Pegelstände, durchnässte Böden und anhaltender Regen eine akute Gefahr für Infrastruktur, Wohngebiete und landwirtschaftliche Flächen. Zur Unterstützung der örtlichen Einsatzleitungen koordinierte die Region Hannover mit Hilfe der Helfer der TEL und der Feuerwehrtechnischen Zentralen die Verteilung von schwerem Gerät, Hochwasserschutzanlagen und Sandsackreserven, um schnellstmöglich auf kritische Lagen reagieren zu können.

Bewertung der Region

Medikamente, Blutkonserven und Krankenhausbedarf ist vorzuhalten – Foto: JPH

Christine Karasch, Dezernentin für Öffentliche Sicherheit, sieht die Anstrengungen in positivem Licht: „Das Engagement der Region Hannover unterstreicht eindrucksvoll den Anspruch, für Krisen- und Katastrophenlagen optimal gewappnet zu sein. Die enge Zusammenarbeit zwischen Rettungsdienst, Brand- und Katastrophenschutz, Technischer Einsatzleitung sowie den Feuerwehrtechnischen Zentralen bildet dabei das Rückgrat eines funktionierenden Bevölkerungsschutzes. Nur im Zusammenspiel aller Kräfte – haupt- wie ehrenamtlich – gelingt es, Schutz und Sicherheit für die Einwohner in der Region nachhaltig zu gewährleisten.“

Viele offene Baustellen

Neben diesen Verbesserungen gibt es allerdings auch zahlreiche wichtige Baustellen auf allen Führungsebenen. Nur einige sollen hier beispielhaft angerissen werden.

Es beginnt damit, dass Sirenen zwar angeschafft und aufgebaut werden, doch die Bevölkerung (noch) keine Schulung über die Signale erfährt. Der Verweis darauf, dass mit den neuen Anlagen Durchsagen möglich sein sollen, ist dabei nicht ausreichend.

Die zentrale Steuerung der Sirenenanlagen soll von der Regionsleitstelle aus erfolgen. Ob alle Systeme damit und untereinander kompatibel sein werden, ist derzeit unbekannt.

Krankenhausplätze und Erweiterungslösungen sind vorzusehen – Foto: JPH

Zum Bevölkerungsschutz gehört auch die Bevorratung von Lebensmitteln, Wasser, Medikamenten, Krankenhausplätzen und vielen wichtigen Dingen mehr. Stattdessen werden Krankenhäuser geschlossen.

Vorgeplante Marschwege für Bundeswehr, THW, Polizei und des Rettungsdienstes sind mit einer geplanten Bevölkerungslenkung zu verbinden.

Der Bunkerbau und der Schutz gegen alle Waffenwirkungen ist ein weiterer wesentlicher Baustein im Bevölkerungsschutz. Das können U-Bahnschächte oder Bunkerneubauten sein – hier wäre vielleicht zu prüfen, ob vorhandene mögliche Schutzeinrichtungen in der Region tatsächlich beispielweise in eine Fahrradgarage umgebaut werden sollten oder wo U-Bahnbereiche als Schutzbauten verstärkt werden müssten. Über die Zuweisung von diesen Schutzbauten wäre die Bevölkerung zu unterrichten.

Tatsächlich gibt es noch viel mehr Aufgaben, die aus dem Wegfall der Friedensdividende resultieren, als man bestehende Organisationen verkleinert hat und Schutzkonzepte auf allen Ebenen nicht fortgeschrieben wurden. Erste Schritte sind zwar eingeleitet, doch ein großes Ganzes ist daraus auf allen Ebenen noch nicht erkennbar.

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