Den „Beat“ der Gesellschaft fühlen

„Feel the beat“ lautet der Titel einer aktuellen Projektwoche in der Wilhelm-Raabe-Schule (WRS) Hannover. „Klar denkt man da zunächst an Musik und an den Takt, aber vor allem ist Musik emotional, menschlich und fühlt den Rhythmus der Gesellschaft“, so Florian Schierholz, Lehrer für Mathematik und Geschichte an der WRS Hannover. Und so machte er sich mit seinen Schülern aus der 10. Klasse des Gymnasiums auf zum Klinikum Wahrendorff nach Sehnde, um gemeinsam ein Gespür dafür zu bekommen, was es heißt, wenn Menschen durch Erkrankung oder einer Behinderung im allgemein gesellschaftlich definierten Rhythmus nicht mithalten können und eine Pause benötigen.

Florian Schierholz (l.) und Dr. Marcel Wendt (2.v.l.) zeigten einen besonderen „Beat“ der Gesellschaft – Foto: Klinikum Wahrendorff

Dr. Marcel Wendt. Leiter der Sporttherapie am Klinikum Wahrendorff, begrüßte Gäste und begann den Tag gleich mit einer Art Social Walk über das große Gelände des Klinikums. „Das Klinikum Wahrendorff ist ein Fachkrankenhaus für die Seele und eine große Einrichtung der Eingliederungshilfe. In den Kliniken werden Menschen mit psychischen Erkrankungen behandelt, wie beispielsweise Depressionen, Sucht, Schizophrenie, Ängste, unklare körperliche Beschwerden. Und in der Eingliederungshilfe wohnen Menschen mit seelischen, geistigen oder Mehrfachbehinderungen in unterschiedlichen Wohnformen“, beschrieb Dr. Wendt während des Rundgangs und gab Antworten auf die vielen Fragen. Dass es hier neben dem klassischen Krankenhaus auch Tageskliniken gibt, in denen man in schwierigen emotionalen Situationen tagsüber therapeutische Unterstützung findet, ansonsten aber Zuhause sein kann, war nicht allen Schülerinnen und Schülern bekannt.

Und ein bisschen spuken auch immer noch die Mauern der „Wahrendorffschen Anstalten“ in den Köpfen. Umso überraschter zeigten sich die Schüler beim Besuch in den Arbeitswelten der Eingliederungshilfe. Denn die Bewohner der Heimbereiche wohnen nicht nur auf dem Gelände, sondern viele von ihnen gehen tagsüber arbeiten, so in der Verpackungs-Arbeitstherapie, in der Holzwerkstatt, in der Fahrradwerkstatt, in der Kunstwerkstatt, wo sie auch Aufträge von Kunden abarbeiten. Die Wertschätzung und Anerkennung, die sie hier erfahren ist immens wichtig. Sie erleben, dass ihre Arbeit von Bedeutung ist, dass sie benötigt werden und ein wertvolles Mitglied der Gesellschaft sind. Diese Selbstbestätigung ist für die Menschen in der Eingliederungshilfe sehr zentral.

Sport- und Bewegung als körpereigenes Antidepressivum – Foto: Klinikum Wahrendorff

Zum Abschluss ging es dann in die Sporttherapie des Klinikums, mit einem großen Fitness- und Reha-Bereich. Und hier forderte Dr. Wendt, selbst ambitionierter Läufer und Tennisspieler, die Schüler auch aktiv mit koordinativen Bewegungsübungen, die sichtlich Spaß machten. „Sport ist ein ganz wesentlicher Baustein unserer Therapiekonzepte“, informierte Dr. Wendt und überreichte allen Gästen eine Medikamentenschachtel mit der Aufschrift „Sporttherapie – körpereigenes Antidepressivum“. Darin verpackt gab es aber keine Tabletten, sondern Traubenzucker und ganz viele Studienbelege, wie positiv Sport- und Bewegung die menschliche Seele und den Körper beeinflussen: präventiv, um nicht krank zu werden, aber auch als Therapie, wenn man erkrankt ist.

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