NABU-Appell an alle in Politik und Verwaltung in Sehnde

Die Ortsgruppe Sehnde des NABU zeigt sich erneut besorgt über die Planung des Gewerbegebietes Sehnde-Ost und appelliert erneut an die Verantwortlichen Politiker, das Vorhaben zu überprüfen. Die Ortsgruppe schreibt dazu:

>>Der NABU ist sehr besorgt über die Planung des Gewerbegebietes Sehnde Ost. Getreu seinem Motto “Für Mensch und Natur” macht sich der NABU große Sorgen um die Biodiversität in der Stadt Sehnde – und damit um die Lebensgrundlagen für die zukünftigen Generationen.

Leserbrief zur Ansiedlung von Delitcom in Sehnde-Ost – Foto: JPH

Denn in diesem neuen Gewerbegebiet Sehnde-Ost wird nach der vorliegenden Planung die Lebensgrundlage „Boden“ in riesigem Ausmaße zerstört. Es werden demnächst etwa 80 000 Quadratmeter Boden versiegelt – im gesamten Gewerbegebiet sind bis zu 120 000 Quadratmeter möglich.

Entstanden über Jahrtausende – aber unwiederbringlich vernichtet in wenigen Wochen!  Dort wird keine Nahrung mehr angebaut werden, kein Rebhuhn und keine Feldlerche mehr balzen und brüten, kein Rotmilan mehr jagen können. Die Tiere der Feldflur geraten im gesamten Stadtgebiet immer mehr unter Druck.

Wenn wir jetzt nicht gegensteuern, verlieren wir viele Arten für immer. Wir nehmen ihnen den Lebensraum. Und wofür?

In diesem Falle ist es ein Schildbürgerstreich: Ein Reifenhändler, der einen guten Standort direkt an der Autobahn besitzt und dort seit Jahren tätig ist, möchte aufgrund von nicht transparenten Entscheidungen in das Herzstück der Stadt eindringen. Dort wird massiv LKW-Verkehr verursacht, der unnötig wäre, würde der jetzige Standort beibehalten und ertüchtigt, zum Beispiel durch den Umbau der vorhandenen Hallen. Es wird mit hunderten LKW-Fahrten pro Monat durch Sehnde und seine Ortsteile gerechnet, damit die LKWs die Autobahn erreichen; beim jetzigen Firmengelände in Höver liegt die Autobahn quasi vor der Haustür. Und es ergeben sich weitere gravierende Nachteile:

CO2, Staub, Stickstoffe, Lärm, Abnutzung der Straßen, Einbußen in der Lebensqualität und Naturverbrauch in Form von Versiegelung. All das kann von den Verantwortlichen beiseitegeschoben werden, da diese Art von Kollateralschäden der Ansiedlung fast 100-prozentig von der Allgemeinheit – nämlich der Sehnder Bevölkerung sowie der Tier- und Pflanzenwelt der Stadt Sehnde getragen und ertragen werden muss – und nicht vom Verursacher, der Firma Delticom. Da wiegt das Argument „mehr Steuereinnahmen und einige neue Arbeitsplätze“ die zu erwartenden Schäden keineswegs auf.

Ein Gewerbegebiet im Herzen unserer Stadt sollte 2021 zukunftsweisend und nachhaltig aufgestellt sein und einen Imagegewinn bringen. Nicht überdimensioniert, sondern offen für schrittweise Erschließung und Ansiedlung von kleineren, mittelständischen innovativen Firmen und Start-Ups – also wahrhaftige Zukunftsinvestitionen. Weiterhin ist es zwingend notwendig, eine Festschreibung von ökologischen, nachhaltigen Standards wie Dachbegrünung, Fassadenbegrünung, wasserdurchlässigen Wegeaufbau, Solarenergienutzung, Elektrotankstellen und Verzicht auf fossile Brennstoffe im gesamten Gewerbegebiet zu planen.

Dieses Gewerbegebiet wird das letzte für Sehnde sein. Die überdimensionierte Versiegelung wird bald durch den Bundes- und Landesgesetzgeber gestoppt werden – wie jetzt schon im Niedersächsischen Weg langfristig geschehen. In den letzten beiden Jahren wurden etwa 28 Hektar Boden in der Stadt Sehnde versiegelt oder die Planung dafür beschlossen oder auf den Weg gebracht. Die gesetzliche Zielmarke für unsere Stadt, die in der Zukunft gelten wird, liegt bei etwa 2,4 Hektar Neuversiegelung pro Jahr und wurde damit um ein Vielfaches übertroffen. Das kann so nicht weitergehen.

Wir fragen unsere Stadtratsmitglieder, ob sie wirklich die kostbaren letzten Frei-Flächen einem Reifenhändler mit unglaublich viel Logistik zum Versiegeln und Verlärmen überlassen wollen. Vermutlich wird vielen erst jetzt – im letzten Moment – bewusst, warum diese Ansiedlungsentscheidung erst eine Minute vor Zwölf öffentlich bekannt wird und was das Gewerbegebiet in der geplanten Form in unserer Stadt an Schaden anrichten würde.

Noch ist es nicht zu spät, noch können beherzte Abgeordnete mit ihrem Nein zum Satzungsbeschluss dieses Gewerbegebiet in der geplanten Form stoppen und zukunftsfähige, nachhaltige Nutzungen zum Zuge kommen lassen oder das Gebiet so belassen wie es jetzt ist und dieses Kapital zukünftigen Generationen überlassen und es für sie bewahren!

Für den NABU Sehnde
Die Pressesprecherin Angelika Thomaier<<

Die Redaktion weist darauf hin, dass der Inhalt der Leserbriefe die Ansicht der Einsender wiedergibt, die mit der Meinung der Redaktion nicht unbedingt übereinstimmt. Kürzungen behält sich die Redaktion vor.

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